Zertifizierungsvorbereitung 29.03. – 30.03.2019
Diese letzte Ausbildung vor der Überprüfung unserer Einsatzbereitschaft begann für viele Kompanieangehörige bereits am 28.03. mit den Vorbereitungen, denn es gab viel zu tun.
Zuallererst wurde der Kompaniegefechtsstand eingerichtet und besetzt. Hier wird das Lagebild erstellt, von hier aus erfolgt die Führung der Züge durch die KpFü und hier laufen deshalb auch alle Informationen zusammen. Nicht zuletzt erfolgt hier auch die Dokumentation der Kommunikation – intern wie extern – und der Entschlussfassung sowie der Befehlsgebung. Verantwortlich für Einrichtung und Betrieb ist der Kompanietruppführer, traditionell ein Feldwebeldienstposten.
Zur selben Zeit fanden sich Kompanieführung und die Zugführer der 3 Sicherungszüge und des Projektzuges sowie die eingebundenen Ausbilder zur Lagebesprechung ein. Hier wurden die Ausbildungsinhalte der kommenden beiden Übungstage besprochen und die Feinabstimmung vorgenommen. Auch die Planungen zu den künftigen Veranstaltungen des laufenden Jahres wurden aktualisiert und dazu konkrete Aufträge verteilt sowie die Grobplanung 2020 skizziert.
Anschließend bot sich die Gelegenheit eines Kameradschaftsabends bei dem die 20 anwesenden Reservisten kräftig die Kameradschaft pflegten.
Da alle Kompanieangehörigen berufstätig sind, war es auch diesmal diesem Umstand geschuldet, dass nicht alle Soldaten auch 3 Tage teilnehmen konnten. So schafften es einige Führer nur zur Besprechung und einige Teilnehmer nur an einem der beiden Ausbildungstage teilzunehmen. Dies stellte natürlich wieder besondere Anforderungen an Planung und Durchführung, aber auch das ist im 7. Jahr nichts neues und unser Unterstützungspersonal des Landeskommandos ist darin routiniert: Leben in der Lage. So hatten alle anwesenden Teilnehmer dennoch ein Dach über dem Kopf und fanden bei ihrem Eintreffen, wenn schon nicht jeder ein Stockbett, zumindest ein Feldbett mit Schlafsack vor und -das wichtigste- alle waren in Verpflegung gemeldet.
Ohne Mampf kein Kampf
Der Freitag begann dann für die restlichen Teilnehmer der Veranstaltung mit der Einschleusung und dem Bezug der Quartiere. Da wie geplant deutlich mehr Soldaten eintrafen, als Betten in den Stuben vorhanden waren, wurden für die überzähligen Ausbildungsteilnehmer Feldbetten aufgestellt, eine für uns durchaus gewohnte Übernachtungsweise, da wir ja auch bei unseren Einsätzen in Turnhallen auf Feldbetten untergebracht werden – bestenfalls!
Anschließend folgte der erste Ausbildungsblock mit den Wachübungen. Hier hatten die Soldaten die Möglichkeit, das eben vorgetragene Thema in die Praxis umsetzen. Dabei wurde gezielt auf die Abläufe und Besonderheiten bei Personenkontrollen, Fahrzeugkontrollen und der Streife eingegangen.
Wachübung I Personenkontrolle:
Ein Soldat durchsucht, ein zweiter sichert. Dabei darf der durchsuchende niemals zwischen der zu durchsuchenden Person und dem sicherndem Soldaten stehen. Deshalb werden die Abläufe so lange trainiert, bis alles sitzt. Damit keine Routine oder sogar Langeweile aufkommt, bauen die Ausbilder die unterschiedlichsten Waffenfunde ein, sofern die Gegenstände auch entdeckt werden.
Wachübung II Fahrzeugkontrolle:
Die zu kontrollierenden Fahrzeuge werden in den Kontrollbereich geleitet und dort angehalten. Fahrer und Fahrgäste müssen sich entfernen und werden während der Fahrzeugkontrolle selbst kontrolliert und gegebenenfalls auch durchsucht. Das Fahrzeug wird durchsucht und abgespiegelt. Dabei ist jederzeit mit einem Waffen-, Munitions- oder Sprengstofffund zu rechnen.
Wachübung III Streife:
Der Wachdienst besteht nicht nur aus der Kontrolle am Tor, sondern auch aus der permanenten Kontrolle aller Gebäude und Sicherungseinrichtungen durch eine Streife. Dabei wird der Streifenweg verbindlich vorgegeben, deshalb darf von diesem nicht abgewichen werden. Auch werden auf dem Streifenweg Meldepunkte festgelegt, bei deren Erreichen mit dem Wachhabenden Kontakt aufgenommen werden muss. Schließlich sind auch alle Besonderheiten zu melden, von Personen, die im zu sicherndem Bereich nichts verloren haben oder sogar bei Straftaten erwischt werden bis hin zu aufgebrochenen Türen, sabotierten Fahrzeugen, Waffenfunden und IEDs. Das seht für „Improvised Explosive Device“ und sind behelfsmäßig hergestellte Sprengfallen oder Brandvorrichtungen. Insbesondere das Verhalten beim Waffen- oder Sprengstofffund mit der entsprechenden Absicherung und exakten Meldung der Art und Beschaffenheit bis hin zur Anforderung eines EOD-Trupps (Explosive Ordnance Disposal, das sind die Kampfmittelspezialisten) muss regelmäßig geübt werden.
Strefe entdeckt Hinweis auf Zaundurchbruch
Waffenfund: Ablenkung oder deponiert zur Begehung einer Straftat? Ladezustand überprüfen oder nicht anfassen? Sofort den Wachhabenden informieren oder erst die Lage klären? Dies und mehr wurde den Teilnehmern vermittelt.
Nach der Abenddämmerung und dem Waffenreinigen erfolgte dann der Wachunterricht. Hier wurde der Themenkomplex Wachdienst in allen Facetten wiederholt und vertieft: Grundlage ist das „Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen“ abgekürzt „UZwGBw“. Alle Soldaten müssen dieses Gesetz kennen, egal ob sie am Kasernentor stehen, auf Übungsplätzen, auf Schießbahnen oder auch bei Übungen im freien Gelände als Wach- und Sicherungssoldaten eingesetzt werden. Dazu gehört dann auch die Kontrolle der Ausweisdokumente und die Überprüfung des Fahrauftrages aller ausfahrender Bundeswehrfahrzeuge. Das Gesetz regelt, wer in welchen Situationen befugt ist, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören das Anhalten und Überprüfen von Personen, vorläufige Festnahmen und Personendurchsuchungen. Auch die Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen ist hier geregelt. Ein besonders sensibles Thema ist das Anwenden von Zwangsmaßnahmen. Dazu gehört neben körperlicher Gewalt die Nutzung von Hilfsmitteln körperlicher Gewalt und letzten Endes der Einsatz der Schusswaffe. Im Gesetz ist all das an strenge Voraussetzungen gebunden. Begeht jemand Straftaten gegen die Bundeswehr oder besteht eine rechtswidrige Störung der dienstlichen Tätigkeit ist unmittelbarer Zwang erlaubt. Welche Maßnahme zum Einsatz kommt hängt immer von der Situation ab. Das Gesetz regelt deutlich, dass jede Maßnahme geeignet, angemessen und vor allem verhältnismäßig sein muss. Außerdem muss die Maßnahmen angedroht werden, wann immer die Situation es zulässt.
An den Wachunterricht schlossen sich zum Ausklang des Tages eine Wiederholung des Kameradschaftsabends vom Vortag an. Dieser wurde an diesem Abend von den inzwischen über 50 Teilnehmern begangen. Das Feiern hielt sich jedoch in Grenzen , da sich am nächsten Morgen sehr früh eine weitere fordernde Ausbildung anschloss: Samstag war unser Geländetag.
Die Soldaten traten am nächsten Morgen zur Befehlsausgabe an und wurden in 5 Gruppen eingeteilt. Im Rahmen einer Stationsausbildung absolvierten 2 Gruppen die Station „Maingate“ während 3 Gruppen die Szenarien der Patroillenübung im Wechsel absolvierten, so dass am Ende des Tages alle 5 Gruppen alle Stationen durchlaufen hatten.
Unverhofft, jedoch nicht unerwartet wurde die Patrouille angeschossen und erwiderte sofort das Feuer, um den Angreifer niederzuhalten. Der wurde an den Flanken umgangen und sah sich kurz darauf von 3 Seiten unter Feuer genommen. Da dies in Walldürn nicht im scharfen Schuss darstellbar ist, wurde dies mit Manöverpatronen angedeutet und der folgende Ausbildungspart in das AGSHP verlegt (diese Abkürzung steht für „AusbildungsGerät Schießsimulator für Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen“). Darunter ist ein „Schießkino“ zu verstehen, in dem das Verhalten bei eingespielten Bedrohungslagen und der Umgang mit den Handwaffen der Bundeswehr geübt wird.
Dabei lässt sich jede Umgebung realistisch darstellen, jede Bedrohung vom Einzelschützen über den Kampfhubschrauber bis zum Kampfpanzer bekämpfen und je nach eingesetzter Waffe und Trefferlage neutralisieren. Schießen und treffen können wir, das haben wir oft genug bewiesen. Deshalb lag der Ausbildungsschwerpunkt in der Führung der Halbgruppe im geleiteten Feuerkampf. Die Gruppe musste hier erkannte Bedrohungen aus dem Beobachtungs- und Wirkungsbereich an den Gruppenführer melden und auf dessen Befehl hin das ausgemachte Ziel bekämpfen. Erschwerend kam dazu, dass im Gegensatz zum scharfen Wertungsschießen in dieser sehr realistischen Kampfsimulation der Gegner ebenfalls schießt und auch andere Kampfmittel wie Steilfeuerwaffen und Nebel einsetzt. Man kann im AGSHP also auch verlieren, was die sehr frustrierende Erkenntnis nach sich zieht: Im echten Einsatz wären wir jetzt alle tot! Doch über diesen Level sind wir in den vergangenen Jahren hinausgewachsen. Die Gruppenführer führten ihre Halbgruppen souverän und diszipliniert. Die Feinde konnte so vom zugewiesenen Einzelschützen zielgenau neutralisiert werden und nur bei Angreifern in Gruppenstärke erfolgte eine Feuerzusammenfassung. Damit blieb auch für den letzten, verzweifelten Sturm der virtuellen Gegner noch genug Munition übrig.
Nach dieser siegreich bestandenen Einlage setzte die Patrouille ihren Weg fort, um bei einem Verkehrsunfall Hilfe zu leisten. Dabei mussten verletzte und eingeklemmte Personen aus einem verunfalltem KFZ gerettet und erstversorgt werden. Auch hier steht die Befähigung des militärischen Führers vor Ort im Vordergrund, der seine Gruppe einweist, anleitet und koordiniert. Dass es sich dabei um -simuliert- schwer verletzte Personen handelt, die Schmerzen empfinden und dies auch artikulieren, macht diese Übung für den Gruppenführer und sein Team nicht leichter.
Bestandteil der Übung war auch die Anforderung eines MedEvac mittels 9liner. Dies ist dem Absetzen eines Notrufes im zivilen Bereich vergleichbar, beinhaltet jedoch auch ein besonderes Procedere, bei dem militärische Rettungsmittel angefordert werden. Dazu kommt die Einweisung des Rettungsfahrzeuges und die Übergabe der verletzen Personen.
Im 2. Durchgang wurde das Anforderungsniveau noch gesteigert, indem eine Nebelmaschine einen Fahrzeugbrand simulierte. Dadurch mussten die geretteten Unfallopfer in sicherem Abstand versorgt werden… und natürlich zusätzlich die Feuerwehr alarmiert und die Brandbekämpfung eingeleitet werden.
Die nächste Station bestand im Betrieb eines MainGates. Was sich hier sehr einfach anhört, beinhaltet in der Praxis eine Vielzahl von Aufgaben und Tätigkeiten, die teilweise gleichzeitig und hochkonzentriert abgearbeitet werden müssen.
Dazu gehört in hoher Schlagzahl die Kontrolle aller Einlass begehrenden Personen und Fahrzeuge und im Verdachtsfall die Durchsuchung nach Waffen, Munition und IEDs sowie erneut das Verhalten bei Waffen-, Munitions- und Sprengstofffunden.
Beim Abschlussantreten zeigte sich unser KP-Chef mit den erbrachten Leistungen äußerst zufrieden und konnte nicht nur eine Beförderung aussprechen, sondern einem Urgestein unserer Kompanie die 8. Wiederholung der Goldenen Schützenschnur bescheinigen. Der Kamerad hat also 9 mal diese Spitzenleistung abgeliefert.
Respekt und Anerkennung für diese Leistung!
Dem beförderten Kameraden alles Soldatenglück im neuen Dienstgrad!
Nachdem dieses Mammutprogramm absolviert war verabschiedeten sich die Ausbilsungsteilnehmer mit dem guten Gefühl, bestmöglich auf die anstehende Überprüfung der Einsatzbereitschaft vorbereitet zu sein.
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